POP
C D s
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NEUES AUS
DER MUSIKWELT
SPEZIALTIPP
The Temperance M ovem ent
THE TEMPERANCE MOVEMENT
Earache/ADA Warnet 2 CDs (als LP erhältlich) (84’)
Alex Clare
THREE HEARTS
Island/Universal CD
(51')
Tom Freund
TWO MOONS
M j ONS
t o m c q e u n d
SurfRoad/CRSCD
(49’)
Johnny M arr
PLAYLAND
New Voodoo/ADA/Warner CD (als LP geplant) (41’)
Dass sich The Tem perance M o-
vem ent im Namen als bekennende
Tem perenzler bezeichnen, muss
man als Scherz betrachten. Denn
die M itglieder von Free und Faces,
deren Musik sie programmatisch
w ieder aufleben lassen, waren
notorische Schluckspechte. Zw i-
schendurch flechten sie in ihren
R&B auch m al die eine oder an-
dere akustisch arrangierte Ballade
ein, die - hörbar Hommage an Fa-
ces-Bassgitarrist Ronnie Lane - sich
durch feines Folk-Flair auszeichnen.
Wie auf den Live-Mitschnitten der
Bonus-CD in der Neuauflage zu
hören, sind sie zudem ausdrücklich
bekennende John Lee Hooker-Fans!
F. Sch.
Sein M ega-Hit „Too Close“ vor zwei
Jahren, der auch dankbar von der
W erbung aufgegriffen wurde, traf
den Nerv der Zeit: Kraftvoll, dyna-
misch, beseelt und gepim pt durch
rotzige Beats erinnerte dieser Song
an Kollegen wie Florence + The M a-
chine oder Katy Perry. Alex Clares
zweite CD „Three Hearts“ versucht
dort anzuschließen. W ieder gibt es
schmissige M elodien zuhauf, eine
gute Prise Laidback-Soul, eine tol-
le Stim m e und wuchtig-m oderne
Pop-Arrangem ents m it Erfolgs-
potenzial. Auch die Idee, Robert
Palmers Song „Addicted To Love“
zu covern, bewährt sich: Nahtlos
fügt sich diese Pophymne zwischen
Clares eigene Kompositionen.
pb
Wie seine Kollegen Jesse Harris und
M . Ward ist Tom Freund ein Meister
im Ausklügeln runder M elodiebö-
gen, die eine bestechende Logik in
sich tragen. Schlüssig, das heißt
in sich stim m ig wie M athem atik-
formeln, gestaltet er die auch auf
der starken neuen CD wieder. In
melancholischen Handmade-Songs
zwischen Songrock, Americana und
Jazztönen erzählt Freund entwaff-
nend offen vom Tod seiner M utter
(„M ind O f Your O w n“), seinem
Lebensmittelpunkt in Los Angeles
(„Angel Eyes“) und eigenen kleinen
Schrullen („W eekend Guy“). Brett
Dennen, Serena Ryder und sein
alter College-Kumpel Ben Harper
haben Gastauftritte.
hake
The-Smiths-Fans werden bei dieser
CD garantiert jubeln. Denn Johnny
M arr entfernt sich nicht allzu weit
vom Sound seiner alten Band. Der
Gitarrist verpasst Postpunk, Rock
oder Britpop ein zeitloses Gewand.
Auch solo überzeugt er mit seinen
charakteristischen Riffs. Er spickt
seine Texte m it sozialkritischen
Beobachtungen und legt viel Kraft
in seine Stim m e. Bei „Playland“
schleudert er die Worte förmlich he-
raus, „Speak Out Reach Out“ nähert
sich dem Sprechgesang an, „Boys
Get Straight“ entfacht am Schluss
ein Gitarreninferno. Einen radika-
len Bruch mit seiner Vergangenheit
praktiziert der Brite also nicht - aber
warum sollte er auch?
dl
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Robin Gibb
SO ST. CATHERINE’ S DRIVE
Rhino/Warner CD
(67’)
Die glücklichste Zeit verbrachte Ro-
bin Gibb als Kind und Jugendlicher
in Australien, weit vom Geburtshaus
am
„ 5 0
St. Catherine’s Drive“ (CD-Ti-
tel) in Douglas auf der Isle Of Man
entfernt verlebte er mit seinen Eltern
und Geschwistern „down under“
sorgenfreie Jahre. Im unvollende-
ten Song „Sydney“ träumte sich der
Mitgründer der Bee Gees, der erfolg-
reichsten Familienband der Welt, an
den unbeschwerten Ort zurück. Sei-
ne Witwe Dwina erinnert sich daran,
wie er diesem allerletzten Stück aus
seiner Feder im Hochsommer
2 0 1 1
spätnachts am Keyboard sowie auf
dem iPad (GarageBand-App) eine
vorläufige Gestalt gab: „Er weinte,
als er es schrieb, und ich heulte, als
ich es hörte.“
Das Fragment, das jetzt in der
Demoversion jener Nacht vorliegt,
gehört zu den ergreifenden M o -
menten auf dem Abschiedsalbum,
und von denen gibt’s hier viele.
So wird Robin Gibb etwa im süß-
lichen
und
doch
bewegenden
Album -Opener „Days Of Wine And
Roses“ seinem Ruf als „Meister der
rom antischen B allade“ („Stereo
Review“) gerecht, und in „M other
Of Love“ trägt er m it Zitterstim m e
flehend ein Gebet vor.
Zwei Jahre nach Gibbs Krebstod
haben seine W itw e und Sohn
Robin-John aus dem Nachlass
1 7
unveröffentlichte Titel zu einer run-
den Sache kom piliert. Zwar sind
nicht alle Archivfunde hochwertig,
unterm Strich bekomm t der Fan an
M aterial, das vor allem in den Jah-
ren
2 0 0 6
bis
2 0 0 8
entstand, aber
genau das, was er mit dem Namen
des Verstorbenen verbindet: Disco-
nummern nach Art von „Saturday
Night Fever“ und schm achtende
Liebeslieder, verschw enderisch
Arrangiertes und völlig überzogene
Gefühlsausbrüche. Overstatem ent
über den Tod hinaus.
Harald Kepler
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Das DR-Logo gibt den Dynamikumfang des Tonträgers an. Nähere Infos unter www.stereo.de
SEHNSUCHT
Stille-music/Indigo,CD
(48')
Der Titel „Sehnsucht“, ein mit Gitarre
barfuß am einsamen Strand entlang
schlendernder Klaus Hoffman - noch
mehr Klischee auf einmal geht wohl
nicht. Angelehnt an alte Lieder-
macher-Traditionen und mit dem
bei Hoffmann wohl unvermeidlich
seichten Schlager-Einfluss hat er
zwei Jahre mit seinen bewährten Be-
gleitern an dieser Pop-CD gearbeitet.
Die Stärke dieses Berliner Brel- und
Sinatra-Verehrers sind klar seine
Texte, aber auch da übertrifft er sich
nicht selbst: Die Sehnsuchts-Lieder
handeln von der Freiheit, dem Rei-
sen, Leben und der Liebe: Manch-
mal findet er dafür treffliche Worte,
manchmal aber auch nur m etapho-
rische Allgemeinplätze.
pb
MUSIK
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STEREO 11/2014 131